
Es gibt kaum Werbe- oder Modefotos, die nicht nachbearbeitet sind. Die Retusche kann gering sein und nur die Farben etwas kräftiger erscheinen oder ein paar Pickel verheilen lassen. Sie kann aber auch drastisch sein und beispielsweise 20 Kilo Körperfett abschaben und alle Falten komplett glattbügeln – dank der Software von Adobe Photoshop, des Zauberstabs der Bildbearbeiter. Wissenschaftler haben nun ein Werkzeug entwickelt, das die Wahrheit ans Licht bringt. Es zeigt auf einer Skala zwischen 1 bis 5 an, wie stark Fotos verändert wurden.
Psychologen kritisieren, dass unnatürliche und unerreichbare Standards von Schönheit zu selbstzerstörerischen Körperbildern und ernsthaften Erkrankungen führen können. Vor allem junge Frauen seien davon betroffen, aber auch Männer und sogar Kinder. Die amerikanische Ärztekammer forderte Werbetreibende dazu auf, von unrealistischen Körperbildern, die zur Nachahmung anstiften könnten abzusehen und Standards für die Bildveränderungen zu entwickeln. Einige Regierungen wie zum Beispiel Großbritannien planen bereits, fotografische Veränderungen in der Werbung künftig kennzeichnen zu lassen. Das ist jedoch leichter gesagt als getan. Denn auch Fotos mit kleinsten Korrekturen wären betroffen, also fast jedes Foto.
Das wäre zu simpel, dachte sich der amerikanische Wissenschaftler Dr. Hany Farid. „Fotografien würden als digital bearbeitet gekennzeichnet werden, aber jeder weiß, dass es verschiedene Abstufungen gibt.“ sagte Farid dem Wired Magazin. „Es ist eine interessante wissenschaftliche Frage: ‚Wie viel ist zu viel?‘ Wir haben überlegt, wie wir das quantifizieren können.“

Zusammen mit seinem Team vom Institut für Informatik der Universität Dartmouth entwickelte er ein Computerprogramm, das den Grad der Veränderung bei retuschierten Fotos erkennen kann: eine Art Photoshop Detektor, der sich an der Wahrnehmung des Menschen orientiert. Die Bildforensiker haben dazu Probanden gebeten, eine Reihe von Originalen mit retuschierten Fotos zu vergleichen und auf einer Skala von 1 bis 5 zu bewerten. Diese Bewertungen wurden einprogrammiert, wodurch sich die automatische Einstufung des Detektors an den subjektiven Wahrnehmungen der Probanden orientiert.
Im Idealfall werde die Software ein Werkzeug für die Selbstregulierung sein, sagt Dr. Farid. Informations- und Offenlegungspflichten sollten Anreize schaffen, die Retuschen zu reduzieren. „Models könnten dann zum Beispiel sagen: Ich will keine 5 sein, ich möchte eine 1 sein“, sagte er der NY Times.
Links: Studie von Eric Kee und Hany Farid | Interessante vorher-nachher-Effekte